Joghurt
- EN yoghurt, yogurt
- FR yaourt
- ES yogur
- IT yogurt, yoghurt
Die Milchsäurebakterien Streptococcus thermophilus und Lactobacillus bulgaricus lieben es mollig. Gibt man sie in Milch, die konstante 42 bis 44 Grad warm ist, werden sie die Milch nach wenigen Stunden in Joghurt verwandelt haben. Ihr einziges Lebensziel besteht darin, Teile des Milchzuckers Laktose in Milchsäure umzubauen. Durch die fortschreitende Säuerung gerinnen Eiweißbestandteile der Milch, wodurch sie dick wird. Das türkische Wort yoğurt bedeutet denn auch nichts anderes als gegorene Milch.
Abhängig vom Herstellungsverfahren wird Joghurt stichfest, gerührt oder trinkfähig angeboten. Der häufig zu findende Zusatz mild verweist auf den Einsatz alternativer Bakterien, namentlich Lactobacillus acidophillus und L. bifidus, die zurückhaltender säuern, was dem Normalverbraucher offenbar besser behagt. Apropos Verbraucher: 80 Prozent des Joghurts, der in Deutschland verspeist wird, sind Fruchtjoghurts, sog. Milchmischerzeugnisse, bei denen Joghurt mit allerlei entfernt an Früchte Erinnerndem, Zucker, künstlichen Aromen sowie Verdickungs- und Bindemitteln verrührt wird. Dem Konsumenten mag es munden, wir werden uns im Folgenden allerdings auf seriösen Naturjoghurt beschränken. Im Handel wird dieser nach seinem Fettgehalt in vier Sorten eingeteilt:
- Vollmilchjoghurt (≥ 3,5 % Fett)
- Fettarmer Joghurt (1,5 – 1,8 % Fett)
- Magermilchjoghurt (≤ 0,5 % Fett)
- Sahnejoghurt (≥ 10 % Fett)
In der Küche
Joghurt ist ein kulinarischer Tausendsassa, den man mindestens über den Schellenkönig loben muss. Er hat allerdings einen gravierenden Nachteil: Bedingt durch seinen geringen Fettgehalt müssen Sie damit rechnen, dass er beim Erhitzen »ausflockt« – umso wahrscheinlicher, je weniger Fett er enthält, je höher die Temperatur und je säurehaltiger die Umgebung ist. Das Milcheiweiß sagt ade zur Flüssigkeit und sucht sein Heil in der Klümpchenbildung. Zum Glück gibt es Methoden, diesen Eskapaden zu begegnen, ohne auf fettreichere Milchprodukte auszuweichen:
- Sie rühren vor dem Zugeben etwas Speisestärke oder Mehl unter den Joghurt, ein halber Teelöffel je 100 Gramm sollte genügen.
- Sie rühren Joghurt erst kurz vor Schluss unter und kochen das Gericht danach nicht mehr auf.
- Sie halten den Hitzeschock gering, indem Sie erst etwas warme Flüssigkeit in den kalten Joghurt rühren, und die so aufgewärmte Mischung anschließend zur Speise geben.
Nach meiner Erfahrung sind Sie mit der ersten Methode auf der sicheren Seite. Methode zwei geht gleichfalls nie schief, ist aber nicht immer praktikabel.
Gerichte
Joghurt ist ein exzellentes Trägermaterial für kalte Saucen, Dips und Dressings. Wo Ihnen säuerliche Frische und eine gewisse Leichtigkeit vorschweben, sind Sie mit Vollmilchjoghurt gut bedient, während Sahnejoghurt dichter, cremiger und voller ausfällt. Joghurt kann dabei auch im Team spielen und z. B. Crème fraîche oder Sauce mayonnaise etwas von ihrer Üppigkeit nehmen, ohne dass sie unter diesem Verlust nennenswert leiden.
Wer Joghurt »erfunden« hat, weiß keiner so richtig. Die einen vermuten seinen Ursprung in Zentralasien, die anderen auf dem Balkan. Fest steht, dass er in Mitteleuropa vor dem 20. Jahrhundert höchstens von Eingeweihten gegessen wurde. Zum Massenprodukt entwickelte er sich erst in den 1930er-Jahren, und es dauerte weitere 30 Jahre, bis er seinen Ruf als Abnehmbeschleuniger etablieren konnte, von dem er bis heute zehrt. Insofern verwundert es nicht, dass Joghurt in den klassischen mittel- und westeuropäischen Küchen keine Rolle spielt.
Ganz anders sieht es in den besagten Herkunftsregionen aus, wo seine Bedeutung kaum hoch genug eingeschätzt werden kann. Eine auffällige Joghurt-Affinität lässt sich überdies in den indischen Küchen feststellen.
- In einigen Ländern sind Joghurtgetränke äußerst populär: Doogh im Iran und in Afghanistan, Laban in Jordanien und im Libanon, Ayran in der Türkei und Lassi in Indien.
- Unter den kalten Joghurt-Vorspeisen oder -Mezze dürfte das griechische Tzatziki die bekannteste sein: Gurken, Knoblauch und Olivenöl mit Joghurt verrührt. Ähnliche Zubereitungen heißen in der Türkei Cacık, in Albanien Taratoi, in Bulgarien Tarator, im Iran Mast-o-Khiar und in Indien Raita.
- Ebenfalls fündig werden wir bei kalten und warmen Suppenklassikern: Yayla Çorbası (türkisch), Ab Doogh Khiar (persisch) oder Gujarati Kadhi (indisch) bauen im Wesentlichen auf Joghurt.
- Die Welt der Joghurtsaucen auch nur einigermaßen einzugrenzen ist nahezu unmöglich, machen sie doch nicht nur Döner schöner, sondern begleiten praktisch alles. Nudeln (Makarna Mantısı), Reis (Biriyani) und Gemüse ebenso wie Fisch, Fleisch und Geflügel, vornehmlich vom Grill und aus der Pfanne. Nicht minder beliebt ist Joghurt als Zutat von Ragouts und indischen Currys (Murgh Kari, Kari Kurma, Dum Aloo plus zig weitere), überzeugend ist ferner die Verbindung mit (pochierten) Eiern im türkischen Çılbır. Beim albanischen Elbasan Tava wird Lammfleisch mit massig Joghurt gratiniert, wieder anders findet er beim bekannten Tandoori chicken Verwendung, nämlich als Marinade und anschließende Kruste.
- Ein minimalistisches Dessert, dem gleichwohl nichts fehlt, besteht aus griechischem oder bulgarischem Sahnejoghurt mit Honig und ein paar Walnüssen. Fürs indische Shrikhand lässt man Joghurt ein paar Stunden in einem hängenden Tuch abtropfen und verrührt ihn anschließend mit Kardamom und Safran. Wem das noch nicht genügt, der fügt Früchte bei, beispielsweise Mangos. Selbst für gebackene Süßspeisen kommt Joghurt zum Einsatz: Yoğurt Tatlısı ist ein türkischer Joghurtkuchen, der entweder »trocken« zum Tee oder in Zuckersirup getränkt als Nachtisch geschätzt wird. Vergleichbares gibt es in nahöstlichen Küchen, oft mit Grieß anstelle von Mehl gebacken und teils aufwändig aromatisiert. Ungeachtet solcher klassischen Rezepturen können Sie Joghurt natürlich zu vielen Süßspeisen statt Schlagsahne oder Crème fraîche reichen.
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