Pommes Macaire / Macaire-Kartoffeln
Robert Macaire nicht zu kennen ist keine Bildungslücke. Anders verhält es sich mit dem Gericht, das ihm einen festen Platz in der Ewigkeit einrichtete: Pommes Macaire oder auf Deutsch Macaire-Kartoffeln – falls Sie mit denen ebenfalls noch nicht das Vergnügen hatten, sollten Sie das bald ändern. Ihr Ursprung liegt nicht nur sprachlich erkennbar in der französischen Küche, wo sie spätestens seit den 1860er-Jahren zubereitet wurden, bevor sie nach und nach in der restlichen Welt auf breite Zustimmung stießen, die bis heute anhält.
Pommes Macaire zählen zur Gruppe der Kartoffelgerichte, bei denen die pürierten Knollen irgendwie mit Röstflächen versehen werden, sodass reizvolle Kontraste zwischen kross und weich entstehen: Pommes croquettes (Kartoffelkroketten), Pommes duchesse (Herzoginkartoffeln) oder Pommes dauphine (Dauphine-/Kronprinzessinkartoffeln), um nur die populärsten Verwandten zu nennen.
Und Robert Macaire? Er ist eine fiktive Schurken-, Abzocker- und Unsympathengestalt, die in einigen französischen Dramen, Büchern, Gemälden und Karikaturen der Mitte des 19. Jahrhunderts auftritt. Aus heutiger Sicht am bekanntesten dürfte eine Serie von Lithographien sein, auf denen der Maler und Grafiker Honoré Daumier die Figur in den Mittelpunkt stellte.1 Warum ausgerechnet ein Blödmann wie Macaire Namensgeber dieser tadellosen Kartoffelspeise wurde, weiß womöglich keiner mehr so genau, vermutlich fand es irgendwer witzig und konnte sich mit seiner Idee durchsetzen – man steckt eben nicht überall drin.
Zutaten und Zubereitung
Unstrittiger Grundbaustein aller Pommes Macaire sind mehlig kochende Kartoffeln. Davon ausgehend entwickelten sich zwei unterschiedliche Ansätze, wie dieselben zum Püree geraten. In der historischen Variante werden sie ungeschält im Ofen gargebacken und aus der Schale gekratzt, die neuzeitliche (und mutmaßlich verbreitetere) Methode besteht aus dem simplen Kochen oder Dämpfen geschälter Exemplare, die man anschließend ausdampfen lässt. Die altväterliche Ofenlösung ist im Grunde alles andere als dumm, weil sie die erwünschte Trockenheit der Kartoffeln begünstigt und für einen »kartoffeligeren« Geschmack als das Wasser bzw. dessen Dampf sorgt. Nachteilig ist die deutlich längere Gardauer und dass der Ofen dafür angeworfen werden muss. Egal wie, stehen am Ende weiche Kartoffeln, die Sie mittels Presse, Gabel oder Stampfer zerkleinern, je nachdem, wie fein ihre Textur sein soll.
Im nächsten Schritt werden die pürierten Kartoffeln zu einer formbaren Masse verarbeitet. Bei früheren Maîtres bestanden Pommes Macaire nur aus Kartoffeln und (massig) Butter, was Sie seit vielen Jahrzehnten stattdessen mehrheitlich serviert bekommen, ist ein Gemisch aus Kartoffeln und Eigelb, das mit Speck, Zwiebeln und Petersilie angereichert wurde. Mit bestechendem Ergebnis: Gut gemachte Macaires sind nach meiner Auffassung der Höhepunkt des Püree-mit-Röstflächen-Faches und ganz umfassend eines der besten Kartoffelgerichte überhaupt.
Während Ihre Kartoffeln garen und ausdampfen, schneiden Sie Speck und Zwiebeln in feine Würfel, braten beides an, geben Petersilie zu und schwenken sie kurz mit durch. Dann pürieren Sie die noch warmen Kartoffeln, verrühren sie zügig mit Eigelb und wenig Stärke, dann mengen Sie die Speck-Zwiebel-Kräuter-Mischung unter. Auf einer leicht bemehlten Fläche rollen Sie die Masse zu einer Walze, lassen diese vollständig abkühlen und schneiden sie in Scheiben, die Sie auf beiden Seiten braten, bis sie goldbraun und knusprig sind.
Vornehm? Oder eher rustikal? Stilistisch bewegen sich Pommes Macaire leichtfüßig dazwischen und sind nach beiden Seiten problemlos anschlussfähig. Sie brillieren folglich in festlichen Menüs als Begleiter von Braten-, Schmor- und Grillgerichten ebenso wie als frugale Hauptmahlzeit im Alltag. Dass beides funktioniert, liegt wohl an der Kombination aus einfachsten Zutaten und der – für die französische Küche typischen – Ausgefeiltheit der Verarbeitung, die zugegeben einige Sorgfalt und Zeit kostet, aber das Einfache eben nicht zu knapp veredelt.
- 750 g mehlig kochende Kartoffeln
- 2 Eigelb
- 30 g Speisestärke (bei sehr mehlig kochenden Kartoffeln reicht die Hälfte)
- 75 g geräucherter Bauchspeck
- 100 g Zwiebeln
- 1/2 Bund Petersilie
- Salz, Pfeffer, Muskatnuss, eine Handvoll Mehl, Butterschmalz zum Braten
Kartoffeln schälen, weichkochen, abgießen und 10 Minuten ausdampfen lassen (am besten auf der restwarmen Platte oder im 100 Grad heißen Ofen), damit sie möglichst trocken werden.
Speck und Zwiebeln fein würfeln, Petersilie hacken. In wenig Butterschmalz bei geringer Hitze den Speck anschwitzen. Wenn er glasig und leicht kross ist, Zwiebeln zugeben und mitschwitzen, bis sie ebenfalls glasig und gelblich sind. Petersilie unterrühren und kurz durchschwenken, dann die Pfanne vom Herd ziehen.
Kartoffeln noch heiß pürieren, mit Eigelb und Stärke zügig verrühren. Speck-Zwiebel-Petersilien-Mischung unter die Masse mengen, mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss abschmecken.
Kartoffelmasse auf leicht bemehlter Fläche zu Rolle von 5 bis 6 cm Durchmesser formen und abkühlen lassen.
Rolle in etwa 2 cm dicke Scheiben schneiden, Küchlein von Hand etwas nachformen und bei mittlerer Hitze in reichlich Butterschmalz beidseitig je 2 bis 3 Minuten goldbraun und knusprig braten.
1 Die Honoré-Daumier-Gesellschaft erzählt hier etwas mehr dazu und zeigt auch ein paar Bilder.
Kontext
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4 Kommentare
Oliver Schweitzer # 1 – 23.01.21, 13:06 Uhr
Nachdem ich gerade für Ihr Boeuf Bourgouignon Rezept eingekauft habe, hier etwas verspätet ein kurzer Gruß und Dank für das tolle Macaire Rezept - zur Gänsebrust im Dezember ein echtes Highlight - und ich muss sie demnächst mal auch „rustikal“ verwenden.
Danke für die unterhaltsame, informative und nützliche Webseite!
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Ralf Schmid # 1.1 – 23.01.21, 21:05 Uhr
Zur Gans habe ich die Macaires noch nie gegessen, glaube aber unbesehen, dass das prima zusammengeht – schön, dass es Ihnen geschmeckt hat. Und fürs Burgunder-Rind wünsche ich gutes Gelingen!
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Oliver Schweitzer # 1.1.1 – 25.01.21, 21:36 Uhr
Das Sößle war schon auch wichtig - die Gans wurde mit Niedrigtemperatur gegart und ich habe Saft/Fett aufgefangen und Sauce daraus gemacht.
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Ralf Schmid # 1.1.1.1 – 27.01.21, 00:19 Uhr
Schon klar, so ein Sößle ist die halbe Miete …
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