Cordon bleu
Wenn Sie ein mit Schinken und Käse gefülltes Schnitzel panieren und braten, erhalten Sie ein Cordon bleu. Wie diese allseits beliebte Speise zu ihrem Namen kam, ist ebenso unklar wie ihr genauer Ursprung. Das »blaue Band«, wie es übersetzt heißt, diente in Frankreich ab dem 16. Jahrhundert als Trägermaterial für den Orden vom heiligen Geist und verselbstständigte sich nach und nach zu einer Redewendung, die höchste Anerkennung ausdrückt, vergleichbar mit »erste Sahne« (oder was immer in Ihrem sozialen Umfeld dafür derzeit gern genommen wird). Die naheliegende Schlussfolgerung, das Schnitzel Cordon bleu stamme aus Frankreich, ist aber wohl falsch, das Gericht entstand ziemlich sicher in der Schweiz. Die Historikerin Petra Foede1 verweist auf die erste belegte Erwähnung in einem Kochbuch, das 1949 in Zürich erschien,2 um 1960 tauchte das Cordon bleu dann in verschiedenen Schweizer Kochbüchern als »Westschweizer Spezialität« auf und entwickelte sich in der Folge – überschwappend nach Deutschland und Österreich – zum massenhaft verzehrten Sonntags- und bald auch Alltagsgericht.
In der Küche
Die Zubereitung eines Cordon bleus ist grundsätzlich simpel. Ob das Ergebnis höchstens so mittel bleibt oder den Essern Freudentränen abnötigt, können Sie, wie bei vielen einfachen Gerichten, durch sorgfältige Auswahl der Zutaten und deren umsichtige Behandlung erheblich beeinflussen.
Das Fleisch
Die meisten Abhandlungen zum Thema empfehlen wahlweise Kalb- oder Schweinefleisch. Letzteres ist – mit Verlaub – grober Unfug, den eine zusehends verlotternde Gastronomie allerdings nicht selten eifrig bedient. Natürlich hindert Sie weder irgendwer, egal welches Fleisch mit Schinken und Käse zu füllen, noch muss das Resultat notwendig schlecht schmecken, aber wenn nichts ausdrücklich anderes dazu gesagt wird, dürfen Sie erwarten, dass Ihr Cordon bleu mit Kalbfleisch zubereitet wurde.3 Idealerweise aus der Keule, von deren Teilstücken sich die Oberschale mit ihrem ausladenden Querschnitt am besten eignet. Kleinere Scheiben aus anderen Stücken können Sie mittels »Schmetterlingsschnitt« vergrößern, bei dem Sie ein entsprechend dickeres Exemplar waagerecht so weit einschneiden, dass es am Rand knapp verbunden bleibt und es dann auseinander falten. Falls Ihnen das zu fummelig ist, legen Sie einfach zwei einzelne Scheiben aufeinander.
Schinken und Käse
Der Schinken ist auf jeden Fall gekochter, warum er besonders mager sein soll, wie es viele Rezepte vorsehen, will sich mir nicht erschließen. Das geschmolzene Schinkenfett macht das Cordon bleu saftiger und trägt geschmacklich entschieden zum Gesamtklang bei.
In puncto Käse sind Sie mit reifen, kräftigen Bergkäsesorten am besten bedient: Appenzeller, Greyerzer, Emmentaler oder Comté sind alle prima. Wenn es weniger klassisch ausfallen darf, führen auch bergferne Sorten wie Gouda oder Cheddar zu wohlschmeckenden Cordon bleus.
Panieren und braten
Falls Sie zu den erstaunlich vielen Menschen gehören, die bei der Reihenfolge der Panierschichten ins Schleudern geraten: Erst das Mehl, dann das Ei, zum Schluss die Semmelbrösel. Sie können das Cordon bleu vor dem Panieren innen würzen, sollten (ebenso wie außen) mit Salz aber sparsam umgehen, weil Schinken wie Käse, je nach Sorte, einiges Salz abgeben. Lassen Sie das panierte Schnitzel vor dem Braten fünf bis zehn Minuten ruhen, hat das Ei genügend Zeit, sich mit Mehl und Bröseln innig zu verbinden, zum Dank für Ihre Geduld beschert es Ihnen eine stabilere Panade.
Das Braten geschieht mit so reichlich Fett, dass die Schnitzel fast in ihm schwimmen. Erste Wahl ist Butterschmalz, dessen Rauchpunkt höher als jener der wasserhaltigen Butter liegt, weshalb es längere Bratvorgänge bei höherer Hitze erträgt. Wobei die Hitze in diesem Fall im mittleren Bereich bleiben sollte, weil ein Cordon bleu meistens einige Zentimeter dick ist, und sonst die Gefahr besteht, dass die Panade schneller bräunt als das Fleisch gart. Ein zuverlässiger Indikator für den richtigen Garpunkt sind die partiellen (und streng genommen unerwünschten) Austritte geschmolzenen Käses an undichteren Stellen der Panade.
- 2 dünne Kalbsschnitzel aus der Oberschale, je ca. 180 – 200 g
- 2 Scheiben gekochter Schinken
- 2 Scheiben reifer Hartkäse, z. B. Appenzeller, Greyerzer oder Emmentaler
- Salz, Pfeffer, Butterschmalz zum Braten
- 2 Zitronenschnitze zum Beträufeln
Panade
- 50 g Mehl
- 1 Ei, Größe L, aufgeschlagen
- 100 g Semmelbrösel
Kalbsschnitzel, falls nötig, mit einem Fleischklopfer dünner klopfen. Mit (wenig) Salz und Pfeffer würzen und je eine Scheibe Schinken und Käse auflegen.
Schnitzel zusammenklappen und die Ränder andrücken. Auch von außen salzen und pfeffern.
In Mehl wenden, durch das aufgeschlagene Ei ziehen, dann in reichlich Semmelbröseln wälzen, bis sie rundum vollständig bedeckt sind. Panade etwas andrücken, lose Brösel abschütteln und die Schnitzel 5 – 10 Minuten ruhen lassen.
In einer Pfanne auf mittlerer Flamme großzügig Butterschmalz erhitzen und die Cordon bleus darin etwa 10 Minuten braten, bis die Panade goldbraun und der Käse erkennbar flüssig geworden ist.
Schnitzel aus der Pfanne nehmen und vor dem Servieren kurz auf Küchenpapier abtropfen lassen. Zitronenschnitze zum Beträufeln separat dazu reichen.
1 Petra Foede »Wie Bismarck auf den Hering kam«, Kein & Aber, Zürich, 2009
2 Harry Schraemli »Von Lucullus zu Escoffier«, Interverlag, Zürich, 1949
3 Die Aussage ist keine unverbindliche Privatmeinung, sondern wird u. a. gestützt von den »Leitsätzen für Fleisch und Fleischerzeugnisse des Deutschen Lebensmittelbuchs«, der »Eidgenössischen Lebensmittelverordnung« und dem »Österreichischen Lebensmittelbuch«.
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