Schokolade

Kuvertüre, grob gehackt
Noch leistet sie Widerstand: Kuvertüre, grob in Stücke gehackt
Kuvertüre, im Wasserbad geschmolzen
Kuvertüre, fertig zum Überziehen oder Untermengen
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Der durchschnittliche Bundesbürger vertilgt seit Jahren stabile 10 Kilogramm Schokolade im Jahr. Das entspricht 100 handelsüblichen 100-Gramm-Tafeln, Pi mal Daumen also zwei pro Woche. Den Löwenanteil wird wohl Milchschokolade ausmachen, wegen ihrer ungleich höheren Bedeutung für Küche und Backstube werden wir uns im Folgenden aber primär mit Bitterschokolade befassen.

Schokolade als mehr oder minder festes Produkt ist eine erstaunlich junge Errungenschaft: Bis 1848 in England die erste essbare Kreation aus Kakaomasse, Kakaobutter und Zucker zur Marktreife gelangte, war Schokolade ausschließlich ein Getränk – und auch das dauerte. Der Kakaobaum wird zwar seit 3.000 Jahren genutzt, doch etwas nach heutigen Maßstäben entfernt Kakaoähnliches dürften erst die Azteken im 14. Jahrhundert zubereitet haben, frühere Kulturen bevorzugten, wie man annimmt, wahrscheinlich das süße Fruchtfleisch, das sie zu Alkohol vergoren.

Herstellung von Schokolade

Dass es sich zog, bis das große Schokoladenessen beginnen konnte, erklärt sich durch den komplexen industriellen Prozess, der zwischen Rohkakao und Schokoladentafel, -hase oder -nikolaus liegt. Rohkakao bezeichnet die getrockneten und fermentierten Bohnen, die im nächsten Schritt geröstet werden, was ihren Wassergehalt weiter senkt und ihre Aromen intensiviert.1 Am Ende sind die Bohnen so dunkelbraun, wie man sich Schokolade vorstellt und können jetzt mit Walzen gebrochen werden. Dabei lösen sich die wertvollen Kerne aus den nutzlosen Schalen, die maschinell weggeblasen werden. In diesem Stadium spricht man von Kakaokernbruch, den Sie theoretisch essen könnten, Ihr Vergnügen hielte sich allerdings in Grenzen, weil sein Geschmack herbe ausfällt und ihm jede Geschmeidigkeit abgeht.

Der Kakaokernbruch wird nun gemahlen. Das Zellgewebe verabschiedet sich, ans Licht drängt die in den Kernen enthaltene Kakaobutter. Weil es warm ist, wo gemahlen wird, schmilzt das Fett und überzieht die Bruchstücke – damit sind wir bei der Kakaomasse angelangt. An dieser Stelle kommt es zu einer entscheidenden Weichenstellung: Die Kakaomasse wird entweder zu Schokolade oder zu Kakaobutter und Kakaopulver verarbeitet. Wobei das Erste in gewisser Weise das Zweite bedingt: Für Schokolade, die Ihnen mundet, wird fast immer extra Kakaobutter zugegeben, die zunächst aus der Kakaomasse isoliert werden muss. Man holt sozusagen Fett aus einem Teil heraus, um den zweiten Teil damit zu veredeln.

Kakaomasse, Kakaobutter und Zucker sind die wichtigsten Ausgangsstoffe auf dem Weg zur finalen Schokolade. Bei Milchschokolade kommt noch Milchpulver dazu, normalerweise ist außerdem der Emulgator Lecithin im Spiel, auch Gewürze sind keineswegs selten. Der Rest ist geheimwissenschaftlich anmutendes Kneten, Rühren, Schaukeln, Erhitzen und Abkühlen, bis die Schokolade irgendwann verführerisch seidig glänzt, beim Brechen vorwitzig knackt und so toll im Mund schmilzt, dass Sie jedes Jahr 10 Kilo von ihr essen – zumal sie auch noch prima schmeckt.

In der Küche

Kakao ist erstmal nicht süß und Schokolade wäre es auch nicht, wenn ihr kein Zucker beigemengt würde – den konkreten Süßegrad bestimmt der Hersteller. Spätestens im milchfreien Sektor mangelt es nicht an Produkten mit höchstens verhaltener Süße, die in der Küche allemal vorzuziehen sind. Dabei brauchen Sie sich keineswegs auf süße Zubereitungen beschränken, Schokolade kann beispielsweise auch für Fleisch, Wild, Geflügel, Gemüse und Hülsenfrüchte verwendet werden.

Kakaosorten

Kakao gibt es in vier Sorten, die sich teilweise weiter in Untersorten gliedern lassen. Bei besseren Schokoladen ist die verwendete Kakaosorte vermerkt, Standardprodukte schweigen sich dazu meistens aus.

  • Forastero gilt im Gegensatz zu Edelsorten als Konsumkakao und macht 80 Prozent der weltweiten Kakaoproduktion aus.
  • Criollo ist die High-End-Sorte schlechthin. Sie stammt hauptsächlich aus Venezuela und Kolumbien, ihr Anteil am Weltmarkt beträgt gerade mal 1 Prozent.
  • Trinitario entstand auf Trinidad als natürliche Kreuzung von Criollo und Forastero. Sie kann geschmacklich mit Criollo nicht mithalten, schmeckt aber weitaus besser als Forastero. 15 Prozent Weltmarktanteil weisen sie als die ertragreichste Edelsorte aus.
  • Nacional ist eine ecuadorianische Regionalsorte, die nirgends sonst vergleichbare Noten entwickelt. Ihr Marktsegment sind die verbleibenden 4 Prozent.

Kakaogehalt

Bitterschokolade bezeichnet Schokolade mit einem Kakaogehalt ab 50 Prozent, unter 70 Prozent handelt es sich um Zartbitter- oder Halbbitterschokolade. Ihr Milchanteil ist höchstens gering, in reinen Bitterschokoladen mit mehr als 70 Prozent Kakao ist gar keine Milch enthalten. Bleibt der Kakaogehalt unter 50 Prozent, wurde der Schokolade ein höherer Anteil Milchpulver zugesetzt, und wir reden von Vollmilchschokolade.

Weiße Schokolade

Bei weißer Schokolade sollte sich eigentlich alles sträuben, überhaupt von Schokolade zu sprechen. Das Einzige, was in ihr noch von der Kakaobohne stammt, ist Kakaofett (mindestens 20 Prozent), der Rest ist Milchtrockenmasse und Zucker. Ebenso wie bei der Vollmilchschokolade sind einfache Qualitäten häufig mit synthetischen Aromen wie Vanillin angereichert.

Schokolade oder Kuvertüre?

Kuvertüre ist Schokolade mit einem höheren Anteil an Kakaobutter, was sie geschmeidiger und fließfähiger macht. Wann immer Sie nennenswerte Mengen geschmolzener Schokolade mit anderen Zutaten vermischen oder Schokolade als Überzug verwenden möchten, sind Sie mit Kuvertüre besser bedient.2 Wo es nur darum geht, ein oder zwei Stückchen aufzulösen, etwa in Schmorsauce, können Sie genauso gut mit Schokolade arbeiten.

Das Hantieren mit Kuvertüre ist nicht ganz einfach. Sie muss zum Verarbeiten zunächst in einem 60 °C warmen Wasserbad langsam geschmolzen werden, bis ihre Temperatur 45 – 50 Grad beträgt. Hernach muss sie temperiert, d. h. auf die optimale Arbeitstemperatur von 30 Grad reduziert werden. Dazu gibt es zwei Methoden:

  • Tablieren: Sie gießen zwei Drittel der geschmolzenen Kuvertüre auf eine kalte Fläche, z. B. eine Marmorplatte, streichen sie mit einer Palette oder einem Teigschaber hin und her, bis sie auf 25 Grad abgekühlt ist und rühren sie wieder in das verbliebene Drittel der wärmeren.
  • Impfen: In die geschmolzene Kuvertüre rühren Sie ein Fünftel dieser Menge kalte, in kleine Stückchen zerhackte Kuvertüre. Die Impfmethode hört sich nicht nur beträchtlich einfacher an, sondern ist es auch.

Investieren Sie am besten in ein Thermometer. Was mir selbst schon öfter widerfuhr: Die Kuvertüre ist zu kalt und verliert beim Zusammenrühren mit einer ebenfalls nicht allzu warmen anderen Masse rapide so viel weitere Temperatur, dass infolge der damit einher gehenden Verfestigung kein Rühren mehr möglich ist. Falls Ihre Kuvertüre andererseits zu warm wird, also 50 °C übersteigt, müssen Sie damit rechnen, dass sie nach dem Erkalten mausgrau statt schokobraun, stumpf statt glänzend und bröselig statt knackig sein wird.

Kuvertüre gibt es auch in weiß, sie verhält sich ähnlich wie das dunkle Original, allerdings verringern sich die genannten Temperaturwerte jeweils um 5 °C.

Kuchenglasur, (kakaohaltige) Fettglasur

Es geht auch billiger. Statt hochwertiger Kakaobutter kommen Surrogate wie Palm- oder Kokosfett zum Einsatz, schmückendes Aromenwerk ist kein Tabu. Die Handelsbezeichnungen sind phantasievolle Schöpfungen um den gemeinsamen Nenner Glasur herum – auch die Süßwarenindustrie bemächtigt sich solcher Qualitäten gerne, wird vom Gesetzgeber aber verpflichtet, darauf hinzuweisen. Um noch etwas Nettes über sie zu sagen: Fettglasur ist leichter zu handhaben als Kuvertüre.

Kuvertüre beschaffen

Im Backregal des Supermarkts finden Sie Kuvertüre in haushaltskonformen Kleinpackungen, leider selten mehr als zwei oder drei Sorten, die sich zudem kaum unterscheiden. Damit können Sie grundsätzlich arbeiten, das Schokoladenerlebnis lässt sich mit Spitzenqualitäten indessen erheblich steigern. Falls Sie anderweitig nichts finden, hilft der Online-Handel, inzwischen sind dankenswerterweise auch Gebinde unterhalb des Kilogrammbereichs erhältlich. Ob Sie Tafeln, Blöcke oder Chips bevorzugen, ist unerheblich, schmelzen werden sie alle.

Herkunft

Kakao wird zum größten Teil in Afrika und Südamerika angebaut. Mehr als die Hälfte des nach Deutschland importierten Rohkakaos stammt von der Elfenbeinküste, auf Platz zwei rangiert Ghana mit weiteren 15 Prozent, dann folgen Nigeria mit 7 und Ecuador mit 5 Prozent. Erwähnenswerte Mengen liefern ferner Guinea, Kamerun, Uganda, die Demokratische Republik Kongo, Peru und die Dominikanische Republik.

Anders verläuft die Qualitätskurve: Spitzensorten kommen überwiegend aus Mittel- und Südamerika, der Karibik, Madagaskar und Indonesien, während die westafrikanischen Produzenten die Konsumsorten liefern.

1 Es gibt auch Schokolade aus ungeröstetem Rohkakao, deren Vorteil sich mir nicht erschließt. Man tut ihr glaube ich nicht Unrecht, wenn man sie als Nischenprodukt bewertet.

2 Das französische Wort couverture (Bedeckung) und das abgeleitete Kuvert lassen die Schlüsselqualifikation der Kuvertüre gut erkennen.

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