Meerrettich
- EN horseradish
- FR raifort
- ES rábano picante
- IT armoraccio, barbaforte, cren
Der kulinarisch höchst interessante Meerrettich (Armoracia rusticana) wird regional Kren genannt und ist genau genommen die Wurzel der Pflanze, in seltenen Fällen gelangen ferner deren junge Triebe zum Verzehr. Das Kreuzblütengewächs hat seinen Ursprung in Süd- und Osteuropa und wurde im Zuge von Wanderungsbewegungen nach Mitteleuropa gebracht, wo er heute auch in wilder Form vorkommt. Mit »normalen« Rettichen teilt er sich zwar die Familie, darüber hinaus besteht allerdings keine nähere Verwandtschaft. Nachweislich bekannt ist Meerrettich mindestens seit der Antike, in Deutschland wird er wohl seit dem Mittelalter angebaut. Bevor Pfeffer bei uns für breitere Bevölkerungskreise verfügbar wurde, war er neben Senf die einzige Option, Schärfe ins Essen zu bringen.
Im Gemüsehandel können Sie frische Wurzeln erwerben, der überwiegende Teil der landwirtschaftlichen Produktion wird indessen zu Konserven verarbeitet, die z. B. in Form von Tuben oder Gläsern mit geriebenem Meerrettich in jedem Supermarkt erhältlich sind. Viele dieser Produkte sind von akzeptabler bis guter Qualität, verhalten sich zur frischen Wurzel aber wie Kuschelrock zu Speed Metal.
In der Küche
Eine ganze Wurzel zu verbrauchen ist im durchschnittlichen Kleinhaushalt ein längeres Unterfangen. Nettere Wochenmarkthändler sind insofern meist bereit, Stücke in gewünschter Größe abzuschneiden. Sofern Ihrer nicht zu den Netteren zählt, können Sie die Wurzeln auch komplett und ungeschält einfrieren. Bei Bedarf schälen Sie einfach ein Stück der gefrorenen Wurzel ab und reiben es, den Rest geben Sie wieder in den Tiefkühler.
Sie werden feststellen, dass sich Meerrettich nach dem Zerkleinern zügig braun verfärbt.1 Dem können Sie entgegen wirken, indem Sie ein paar Tropfen Zitronensaft oder Milch zugeben. Unvermeidlich ist hingegen Ihr begleitender Tränenfluss, der von den ätherischen Ölen herrührt, die beim Reiben freigesetzt werden. Lindern sollten Sie ihn durch möglichst scharfe Werkzeuge, schon weil sich die Bearbeitungsdauer verkürzt.
Die beißende Schärfe des Meerrettichs findet überraschend schnell ihr Ende, spätestens Hitze macht ihr zuverlässig den Garaus. Sofern es darum geht, das charakteristische Geschmacksbild der Wurzel möglichst unverfälscht zu erhalten, sollten Sie Meerrettich am besten gar nicht erhitzen und entweder kalt zur Speise reichen oder unmittelbar vorm Servieren untermengen. Was nicht heißt, dass Erhitzen tabu wäre – verfliegt die Schärfe, entwickelt Meerrettich eine erdige Süße, die durchaus gut schmeckt. Selbstverständlich können Sie beides kombinieren, indem Sie mit einem Teil der Wurzel durch längeres Kochen für den aromatischen Unterbau sorgen, während der zweite Teil zum Schluss den frischen Schärfekick besorgt.
Gerichte
In der praktischen Verwendung des Meerrettichs lassen sich zwei Hauptstränge ausmachen: erstens als Beigabe zu einer Speise, wahlweise pur oder »verweichlicht«, etwa zum Sahne- oder Apfelmeerrettich, zweitens als eingearbeitetes Würzmittel, beispielsweise in einer Meerrettichsauce.
- Zu den Gerichten, die sehr oft, gebietsweise sogar fast zwingend von Meerrettich begleitet werden, zählen pochierter oder geräucherter Fisch, Rindfleisch, speziell pochierter Tafelspitz oder gebratenes Roastbeef, (gekochter) Schinken und – gerne im Verbund mit Senf – allerlei heiße Würstchen. In Form von Preiselbeer-Sahnemeerrettich begleitet die Wurzel vorwiegend Wild.
- Die verbreitete Kombination mit Sahne kommt nicht von ungefähr: Meerrettich paart sich auch mit anderen Milchprodukten aufs Wohlschmeckendste, allen voran Frischkäse, Joghurt und Sauerrahm.
- Ebenso gut macht sich Meerrettich in Sauce Mayonnaise und einigen ihrer Ableitungen. Zwar keine klassische Ableitung, doch allemal mayonnaiselastig ist Cocktailsauce, in der deutlich wird, dass Tomaten und Meerrettich wunderbar zusammengehen.
- Meerrettich-affine Gemüse sind Fenchel, Kartoffeln, Mais, Rote Bete und Sellerie, von den Früchten bieten sich Äpfel, Aprikosen, Birnen und Limetten bzw. Zitronen an.
Begleitaromen
Dill, Petersilie und Schnittlauch harmonieren immer mit Meerrettich, dasselbe gilt für Essig, Knoblauch, Nelken, Olivenöl, Senf und Zimt.
Wasabi
Das Wasabi der japanischen Küche ist eine weitläufig mit Meerrettich verwandte, aber vollkommen eigenständige Art (Eutrema japonicum), die bei uns frisch kaum zu bekommen ist. Die zahllosen, japanesk dekorierten Wasabi-Pülverchen, -Tuben und -Knabberartikel in unseren Supermarktregalen enthalten bestenfalls grün gefärbten Meerrettich.
Herkunft
Freunde regionaler Lebensmittel können beim Meerrettich frohlocken: Gehen Sie davon aus, dass die Wurzeln oder Konserven, die Sie erwerben, aus mehr oder minder heimischer Produktion stammen. Bedeutende Anbaugebiete liegen in Baden, Franken und im Spreewald, kleinere Flächen in Niedersachsen, um Hamburg und in Thüringen. In den Nachbarländern spielen vor allem die österreichische Steiermark und das französische Elsass gewichtige Rollen.
Erntezeit ist im Herbst, wie viele Wurzeln lässt sich Meerrettich aber sehr gut lagern – teilweise sogar im Boden – sodass er praktisch ganzjährig zur Verfügung steht.
1 Bei Meerrettichkonserven sorgt Schwefel dafür, dass dieser Oxidationseffekt unterbleibt.
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