Estragon

Estragon (Artemisia dracunculus)
Zarte Blättchen mit umso kräftigerem Aroma: Estragon
  • EN tarragon
  • FR estragon
  • ES estragón
  • IT estragone, dragoncello

Das Küchenkraut Estragon (Artemisia dracunculus) ist eine Pflanze aus der Familie der Korbblütler und in zwei Sorten erhältlich, die sich geschmacklich unterscheiden: Russischer Estragon (~ var. inodora) und Französischer Estragon (~ var. sativa). Sein Ursprung liegt in Asien, kultiviert wurde es zunächst in Russland, von wo es nach Mittel- und Südeuropa gelangte.

Mit seinen zarten spilligeren Blättern gehört Estragon im Anbau wie in der Lagerung zu den kapriziösen Kräutern, was wohl mit dazu führt, dass er – ungeachtet seiner durchaus zu beobachtenden Beliebtheit – im handelsüblichen Sortiment entweder durch Abwesenheit glänzt oder böse durchhängt. Sagen wir es so: Tagelang im Voraus sollten Sie Estragon nicht kaufen.

Trocken ist natürlich immer einfach, im Fall von Estragon ist davon indessen klar abzuraten, weil der Trockenversion alles fehlt, was Estragon attraktiv macht.

In der Küche

Russischer Estragon ist botanisch robuster, kulinarisch ist die französische Variante eindeutig vorzuziehen. Während der russische bitter-süßlich, leicht pfeffrig und weniger aromatisch schmeckt, fehlt dem französischen Bruder jede Bitterkeit, er entwickelt starke, doch gleichzeitig weiche Anisnoten, die mitunter an Marzipan erinnern und entspricht damit dem Geschmacksbild, das die meisten Menschen mit Estragon assoziieren.

Man traut dem Kraut in seiner zarten Gestalt kaum zu, dass es vor Würzkraft strotzt. Estragon müssen Sie nicht sensibel erspüren, sondern er springt Sie ungeniert an. Die Konsequenz liegt auf der Hand: So Sie ihn zu üppig dosieren, entpuppt er sich zum Dank als penetrante Nervensäge, die wenig Raum für andere Aromen lässt.

Wenn Sie die Blätter schneiden, oxidieren sie sehr schnell, was sich optisch wie geschmacklich nachteilig auswirkt. Sie tun also gut daran, die Zerkleinerung auf ein Minimum zu reduzieren und so spät wie möglich vorzunehmen; falls es Ihrer Zubereitung nicht völlig zuwider läuft, lassen Sie die Blätter am besten ganz. Hitze steckt Estragon besser weg, als seine fragilen Blättchen vermuten lassen, ausreizen sollten Sie es allerdings nicht und ihn lieber erst spät zur Speise geben.

Gerichte

Hauptspielfeld des Estragons sind die italienische und noch auffälliger die französische Küche. In vielerlei Hinsicht scheint mir Estragon sogar das französischste aller Kräuter zu sein, vielleicht weil es, mit Bedacht dosiert, die Art von filigraner Raffinesse ins Essen bringt, die dem Land und seiner Küche gemeinhin attestiert wird.

  • Sauce Bearnaise ist die wohl bekannteste Zubereitung, die Estragon zwingend voraussetzt, er ist das wesentliche Merkmal, was sie von Sauce Hollandaise unterscheidet.
  • Fleisch, das mit Estragon gegessen wird, ist idealerweise hell, beispielsweise Kalb oder Kaninchen. Geflügel, insbesondere Huhn, ist geradezu eine Paradedisziplin des Krauts, ähnlich verhält es sich mit Fisch, Krustentieren wie Hummer und Schalentieren, speziell Jakobsmuscheln.
  • Klassikerqualitäten weist zweifelsfrei die Verbindung mit Eiern auf, egal ob mit Omelettes oder in stückigerer Form.
  • Würden wir Estragon fragen, mit welchem Gemüse er sich am allerliebsten zusammentäte, spricht einiges dafür, dass er sich für Tomaten entschiede. Falls die gerade verhindert wären, hätten Artischocken, Blumenkohl, (grüne) Bohnen, Brokkoli, Erbsen, Fenchelknollen, Karotten, Kartoffeln, Lauch, Mais, Paprikaschoten, Rote Bete, Schwarzwurzeln, Spinat, Zucchini und Zwiebeln ebenfalls gute Karten. Er ist ja flexibel.
  • Oft unterschätzt wird die Eignung der Blättchen für Süßspeisen. Sahne, Crème fraîche und Ricotta bedanken sich für die Anisnoten, noch erfolgversprechender sind Kombinationen mit Früchten, etwa Äpfeln, Aprikosen, Melonen, Pfirsichen und Zitrusfrüchten, aber auch mit Schokolade.

Begleitaromen

Dill, Kerbel, Lorbeer, Petersilie, Sauerampfer, Schnittlauch, Thymian, Zitronenmelisse und Zitronenverbene sind Kräuter, die sich mit Estragon bestens vertragen. Gleichfalls knorke: Anis, Fenchelsamen, Kapern, Knoblauch und Sojasauce.

Konserven

Mit Recht verbreitet ist es, Senf und Essig mit Estragon zu aromatisieren. Beides können Sie mit wenig Aufwand selber tun, indem Sie im Fall des Essigs Estragonzweige in die Flasche befördern und Senf mit zerkleinerten Blättern vermengen. Wem das schon zuviel Arbeit ist, dem hilft die Lebensmittelindustrie, die beides in reicher Auswahl bereithält. Weil mit Estragon schnell und problemlos Schmackes zu erreichen ist, sind auch jenseits von Senf und Essig viele Produkte im Handel, bei denen der gute Stoff mühelos herauszuschmecken ist. Was mit Kräuter- anfängt, enthält mit einiger Wahrscheinlichkeit Estragon.

Estragon trinken

Die russische Kräuterlimonade Wostok kombiniert Estragon mit Ingwer, wie es generell löblich ist, Limonaden und Cocktails mit Estragon zu aromatisieren. Eine empfehlenswerte Spirituose als Ausgangspunkt ist sicher Gin, dessen sauberer, frischer Charakter dem Estragon in gewisser Weise entspricht. Wenn Sie dazu noch ein paar der oben erwähnten Zitrusfrüchte springen lassen, kann eigentlich nicht mehr viel schiefgehen.

Kontext

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